Ein Text ausdem archiv meines alten Blogs:
Mit 40 Kilo Gepäck auf dem Rücken und in beiden Händen sagte ich meiner Wohnung ade, die ich nun knapp 3 Monate nicht wieder sehen werde – das Schiff hat wieder gerufen. Den Satz wollte ich so bringen, um mal zu sehen, wie es ist, drei Zeiten in einem Satz gehabt zu haben. Am Kölner Hauptbahnhof nahm ich noch eine Mahlzeit ein, bei dem relativ neuen „Sushi and more“. Ich entschied mich für „more“ und genoss das Essen und das Beobachten der Reisenden.
Ein älterer Herr, nicht besonders edel gekleidet, aber auch nicht schäbig, kam auf mich zu und sprach mich an. Toll, dachte ich, der will mich bestimmt fragen, ob man das Essen hier empfehlen kann, seit der WM sind wir ja alle so nett zueinander und sprechen auch einfach mal Fremde an, um einen netten Plausch zu halten. Er sagte: „Na, Meister, könnten Sie mir 3 Euro geben?“ Wow, drei Euro? Das ist ja Bettelwucher, das ist ja schon das 6-fache von „Haste mal ne Mark?“ Die Dreigroschenoper wäre dann die 60 Groschen-Oper. Ich habe mich bestimmt verhört, das kann der gerade nicht gesagt haben. „Bitte was?“ sagte ich. Ob ich drei Euro hätte, tatsächlich. „Nein.“ – „echt nicht?“ – „nein.“ – „wirklich nicht?“ – „Nein, ich hab nur Scheine.“
Jetzt das Ding, der IC nach Hamburg habe aufgrund einer Streckensperrung 60 Minuten Verspätung, so die Anzeige. Nach 60 Minuten wurde gesagt, er habe 70 Minuten Verspätung. Warum es eine Streckensperrung gab konnte man nicht sagen, aber er werde wegen eines Böschungsbrandes auch nicht über Wuppertal fahren, sondern über Düsseldorf, also würde sich die Verspätung noch steigern.
Der Zug trudelte ein ich stieg ein und verstaute meine Koffer. Zeitgleich fragten mich ein ebenfalls zugestiegener Mann vor mir und einer hinter mir, ob der Zug denn nach Hamburg fahren würde, der vor mir: 2denn auf den Fahrplanheftchen steht Frankfurt drauf“, der hinter mir „denn auf der Anzeigetafel draußen steht nur Dortmund drauf“. „Ich glaube schon, dass der nach Hamburg fährt, sagte ich, und stieg noch mal aus, um auf die Anzeigetafel z schauen. Tatsächlich, auf einmal steht da Dortmund.
Also haben die gewartet, bis ich eingestiegen bin, um dann gemeinerweise hinterrücks und fies die Destination zu ändern. Oder war einfach die Anzeige falsch.
Zum Glück fanden wir eine Schaffnerin, die uns schroff erklärte, dass der Zug tatsächlich nur noch bis nach Dortmund fahren würde, da er so eine große Verspätung hätte. Der nächste Zug nach Hamburg würde ja in 5 Minuten kommen, da lohne es sich nicht, sondern man könne ja in den steigen.
Zeit zum Bedanken hatte ich nicht mehr, denn ich musste ja meine 40 Kilo Gepäck schnell aus dem Zug räumen, der wollte ja gerade losfahren. Es gelang mir in letzter Sekunde.
Problematisch war nur, dass 5 Minuten später kein Zug kam, bei dem Zug wurde nämlich auch eine Verspätung angezeigt, aus den gleichen Gründen. Diesmal allerdings nur 30 Minuten. Nach 45 Minuten kam dann der Zug.
Vor mir beim Einstieg stand eine 10-köpfige Großfamilie, mit ca. 400 Kilo Gepäck, dagegen war meine Ladung ja mickrig. Aber schlau wie sie waren, und um die Abfahrt nicht noch weiter zu verzögern, verteilten sie sich auf zwei nebeneinander liegende Einstiege. Drinnen feierten sie dann erstmal ein großes Wiedersehensfest. Im Einstiegsbereich. Was natürlich komplett verhinderte, dass ich einsteigen konnte.
Irgendwann klappte es aber doch und die Fahrt ging mit insgesamt 2 Stunden Verspätung los. Ich fand sogar einen freien Sitzplatz, ich setzte mich auf einen der von Wuppertal bis Hamburg reserviert war. Aber in Wuppertal konnte ja kein wütender „Ich habe den Platz reserviert!“ – Typ zusteigen, Wuppertal umfuhren wir ja wegen des Böschungsbrandes.
Ich freute mich auch schon auf die vielen Fahrgäste, sie in Dortmund zusteigen würden, weil sie nicht so schnell wie ich gemerkt hatten, dass der Vorgängerzug doch nicht nach Hamburg fuhr. Und so war es dann auch, der ohnehin schonvolle Zug wurde noch überfüllter, was ja auch kein Wunder ist, wenn man plötzlich aus zwei eins macht. Und sauer waren die, jeder einzelne zeterte die arme Schaffnerin an. Und ich dachte seit der WM hätten wir uns alle lieb.
Die weitere Reise verlief ohne nennenswerte Vorkommnisse. Die Durchsagen des Schaffners berichteten immer von 58 Minuten Verspätung, der Vorgängerzug zählt ja nicht. Und auf die 58 Minuten wurde auch bestanden, denn ab 60 Minuten gibt es ja einen 10 Euro-Gutschein, den man beim buchen der nächsten Reise einlösen kann.
Kurz vor Hamburg kommt Harburg. Und da standen wir dann. Also wir einfuhren hatten wir 58 Minuten. Doch kurz vorm Ziel gescheitert, schienen wir eine Ewigkeit in Harburg festzusitzen. Als wir endlich losfuhren, meldete sich der Schaffner wieder, um zu erzählen, dass wir mittlerweile eine Verspätung von 68 Minuten hätten und das bedeute, dass uns Gutscheine zustünden. Allerdings sei die Fahrtstrecke bis nach Hamburg zu kurz, um diese noch im Zug zu verteilen, daher bitte er uns am Hamburger Bahnhof am Service Point unsere Fahrkarte vorzulegen, da würden wir dann die Gutscheine bekommen.
Gut, wie viele Leute reisen in so einem Zug, 500? 1000? Und in einem Zug in dem die Fahrgäste on zwei Zügen sitzen? 2000? Wie viele Mitarbeiter gibt es am Service-Point? 2 und eine Auszubildende, der nebenbei alles erklärt wird?
Ich rechne mal kurz nach, ich bin nun mit über zwei Stunden Verspätung in Hamburg angekommen, wenn ich mich jetzt noch in die Schlange vor dem Service-Point einreihen würde, würde ich … Moment …. morgen früh um 6 noch da stehen.
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