Selten hat der Tod eines Tintenfischs mehr Anteilnahme ausgelöst, dabei sterben täglich tausende von Ihnen, ja viele landen sogar auf Tellern mediterraner Restaurants. Und Paul war auch nicht anderes, als eine gewöhnliche Krake, die im Alter von 2 Jahren verstarb. Kraken eignen sich also nicht, als Haustier, weil man alle zwei Jahre dem Kind beibringen muss, dass Tiere nun mal nicht ewig leben, dabei ist schon der Tod eines Goldfischs schwer verkraftbar.
Zeit also, zurückzuschauen zur WM und was Paul da so anstellte:
Wenn es Paul, eine Krake aus dem SEALIFE Aquarium in Oberhausen nicht gegeben hätte, wäre Deutschland Fußballweltmeister geworden. Paul hatte nämlich die Macht, die Spiele zu entscheiden. Paul, das Orakel, bekam einige Tage vor einem Spiel der deutschen Mannschaft zwei Kisten mit Muschelfleisch ins Becken gestellt, eine mit der Deutschen Flagge gekennzeichnet, die andere mit der der gegnerischen Mannschaft. Dann wurde beobachtet, aus welcher Kiste Pau zuerst das Muschelfleisch aß. Damit wurde entschieden, wer das Spiel gewinnen würde.
Ich lasse mal außer acht, dass schon seit dem 18. Jh. nicht mehr Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion ist, ob Oktopussys oder andere Wahrsager die Zukunft voraussagen können und dass die Wahrscheinlichkeit, einen Spielausgang richtig zu tippen gar nicht mal so gering ist, vor allem nicht geringer als falsch zu tippen. Tatsache ist jedoch, dass Paul mit all seinen Vorhersagen zufälligerweise richtig lag. Und je nachdem, was Paul tippte, hielt das Fußballvolk ihn tatsächlich für einen großen Propheten und glaubte an die unsinnige Wahrsagerei, egal wie unsinnig, oder rief „verbrennt die Hexe!“ und wollte Paul verspeisen.
Immer wenn Fußball-WM ist, fühle ich mich ins Mittelalter zurückversetzt. Aber der Reihe nach: Zum Viertelfinale gegen Argentinien tippte Paul auf Deutschland. Sofort war sich das deutsche Fußballvolk sicher: Wir werden gegen Argentinien gewinnen! Die Argentinier hingegen beschimpften Paul und schlugen leckere Tintenfisch-Rezepte vor. Die BILD-Zeitung entrüstete sich: „Geschmacklos! Die Argentinier drohen unserem Kraken-Orakel Paul mit dem Kochtopf, wollen ihn in die Paella schnippeln.“
Die Argentinier versicherten sich bei ihren eigenen Orakeln (Papageien, Schildkröten und Delfinen) dass natürlich Argentinien gewinnen würde. Aber Deutschland gewann und alle glaubten – wenn auch noch nicht an Pauls Macht der Spielbeeinflussung – zumindest an Pauls hellseherische Fähigkeiten. Dies verursachte ein gewaltiges Medienecho und einige TV-Sender waren sich nicht zu blöd in ihren Nachrichtensendungen live von der Kraken-Prognose für das Halbfinalspiel zu berichten.
Leider entschied sich Paul dort für Spanien. Was BILD anderntags noch für geschmacklos hielt, war auf einmal eine klasse Idee und die Zeitung postete aufgrund der „Fan-Wut gegen Kraken-Orakel Paul!“ die besten nationalistischen Tintenfisch-Rezepte empörter „Deutschland Fans“: „Tintenfisch für alle! Schlachtet ihn!“, „Octopus-Salat für die Nation!“. Auf einmal glaubten alle Spanier an Paul und alle Deutschen waren wieder nüchtern logisch denkende Menschen, die wussten, dass es nicht drauf ankommt, welchen Kasten die Krake zufälligerweise wählt, sondern allein auf die Mannschaft.
Pustekuchen, Paul behielt Recht und Deutschland verlor gegen Spanien im Halbfinale. Das deutsche Fußballvolk wußte jetzt: Paul ist ein Teufel! Er kann nicht nur Spiele vorhersagen, er kann sogar Spiele beeinflussen! Nicht die gute Leistung der spanischen Mannschaft, oder die nicht so gute Leistung der deutschen Mannschaft waren Ursache für das Ausscheiden, sondern Paul. Im Gegensatz zu Fußballern gelten Kraken als die intelligentesten Weichtiere.
Ich selbst bin allerdings auch ein Orakel. Ich kann das Wetter vorhersagen, oder genauer gesagt, Regen. Und nicht nur vorhersagen, ich kann Regen beeinflussen, ich bin quasi ein Regengott. Bis vor kurzem dachte ich immer, dass es regnet, sobald ich ohne Regenschirm das Haus verlasse. Aber das wäre zu einfach. Es stimmte zwar, immer wenn ich einen Schirm mithatte, regnete es nicht. Zumindest auf dem Hinweg. Dann ließ ich den Schirm irgendwo liegen, denn man vergisst leicht Dinge, die man nicht braucht. Und auf dem Rückweg regnete es natürlich. Aber irgendwann war es mir dann zu doof ständig neue Regenschirme zu kaufen und ich ging immer mit ohne Schirm. Ich war richtig überrascht, dass es nicht immer regnete, also musste es einen anderen Zusammenhang geben und ich fand ihn bald: Als ich mal die Wäsche zum Trocknen auf den Balkon gestellt hatte, fing es an zu regnen.
Als logisch denkendem, skeptisch eingestellten Mann fiel es mir natürlich schwer, da an einen Zusammenhang zu glauben, aber bei jedem neuen Versuch, irgendwann mal Wäsche auf den Balkon zu stellen, fing es stets an zu regnen. Manchmal kam sogar noch ein Sturm dazu, oder gar Hagel, die Wäschestücke rissen sich los und flogen zum Nachbarn, der mittlerweile meine Unterwäsche in- und auswendig kennt.
Mir wurde schon vorgeschlagen, die Wäsche doch nach drinnen zu stellen. Hallo? Geht’s noch? Ich bin doch nicht verrückt, dann regnet es doch in der Wohnung! Ich ließ die Wäsche draußen, ich wollte einfach sehen, wer länger durchhielt, der Regen oder ich. Manchmal musste ich nur ans Wäsche aufhängen denken und schon fing es an zu regnen. Also bin ich sogar ein telepathischer Regengott!
Ich entschuldige mich daher an dieser Stelle für jegliches schlechte Wetter. Viele beschuldigen ja die Meteorologen, obwohl Kachelmann nicht für schlechtes Wetter in die Untersuchungshaft genommen wurde. Ich weiß, ich bin schuld. Aber wie ihr vielleicht mitbekommen habt, ist es in den letzten Jahren wärmer geworden. Die einen sagen, es sei die globale Erwärmung, aber ich weiß, dass es daran liegt, dass ich jetzt meist den Trockner benutze.
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