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Lenas Chancen beim Eurovision Song Contest


Am 29. Mai ist der Grand Prix und es gibt zwei Lager: Die einen, die sagen, dass Lena Meyer-Landrut ganz vorne landen wird, die anderen, dass sie ganz weit hinten platziert. Also hört mal, warum sagt denn niemand „irgendwo in der Mitte“? Um ihre Chancen realistisch einzuschätzen, braucht es den Rat eines Experten: mir.

Ich habe bisher alle ESC Sieger hervorragend vorausgesagt. Außer letztes Jahr. Und das Jahr davor. Und im Jahr davor habe ich nicht getippt. Davor lag ich einmal daneben und habe ein paar Jahre pausiert, weil meine Vorhersagen nicht mehr so treffend waren. Und im Jahr davor und davor lag ich auch falsch. Aber jedes mal exakt. Gut, ich lag nur zwei Mal richtig, nämlich bei Sertab aus der Türkei und den Hard-Rock-Hallelujah-Finnen, aber immerhin.

Also fangen wir an, die einzig wahre Beurteilung von Lenas Chancen beim Grand Prix.

Ich weiß, als heterosexueller Grand Prix -Fan, gehöre ich zu einer aussterbenden Gattung, aber hört mich an: Es zählt bei weitem nicht nur das Lied oder die Stimme, auch nicht – wie oft vermutet wird – Sympathien für ein Land. Ganz, ganz viele Elemente spielen eine Rolle, gehen wir sie an.

Fangen wir trotzdem mal bei dem Lied an, das ist ein recht normaler Song, vom Komponisten wohl in ein paar Minuten hingeschmissen. Der Song ist langweilig und verliert seinen Reiz schon nach 30 Sekunden. Das macht aber erst mal nichts. Der Rhythmus ist ja ganz nett und positiv auf die Platzierung wird sich auswirken, dass die anderen Länder dieses Jahr auch nur Schrott liefern. Nur: In dem Lied ist überhaupt keine Steigerung drin, keine Rückung, nicht mal am Ende der Refrain einen Ton höher, wie es für einen ESC-Sieg nahezu notwendig ist. Es ist auch kein geiler Break drin, nur ein klitzekleiner, der so klingt, als hätte sich der Schlagzeuger kurz verspielt. Es wird also schwer. Jeder Grand Prix Teilnehmer hat höchstens 3 Minuten für seinen Song, was dazu führt, dass alle Teilnehmer versuchen, möglichst exakt die 3 Minuten zu füllen.

Was eigentlich Quatsch ist. Ein gutes Lied, dass nur zweieinhalb Minuten lang ist, wird dann gestreckt, ein paar Takte hinzugefügt, oder das Tempo etwas verlangsamt. Oder wenn das Lied zu lange ist, ein wenig verschnellert. Dass das nicht unbedingt förderlich ist und man mit einem kurzen Lied vielleicht mehr erreichen kann, daran denkt keiner.

Viele, viele, viele Grand Prix Lieder haben dieselbe Akkord-Struktur, nämlich C – a – d (oder F) – G. Hat Lena nicht. Na ja, nicht schlimm.

Kann denn wenigstens der Text punkten? Nun, beim Text ist – für das internationale Publikum – vor allen Dingen wichtig, dass er gar keinen Sinn macht. Es müssen nur Schlagworte vorkommen, die in möglichst vielen Ländern verstanden werden. „Love“, z.B., das hat sie ja drin.

Der Text von Lena macht auch tatsächlich recht wenig Sinn, warum singt sie, dass sie sich extra blaue Unterwäsche für ihren Liebsten gekauft hat? Aber an Schlagworten mangelt es dann doch ein wenig. Bernd Meinunger, der Texter von Ralph Siegel, der war Meister der unsinnigen Schlagworte. Aber damals musste man noch in der Muttersprache singen. Hätte Lena auch nicht geschadet, denn ihr Englisch tut weh. Da entsteht so ein peinlich berührtes Gefühl, dass man bekommt, wenn so Möchtegern-Anglizisten cool sein wollen. Jedem richtigen Engländer kommt allerdings das Kotzen bei dieser beliebigen Aussprache. Aus England kämen sogar mehr Punkte, wenn man mit einem breiten deutschen Akzent Englisch singen würde. Oder mit einem französischen Akzent, das ist doch süß. Aber England müssen wir schon mal aus den punktegebenden Ländern streichen, genauso Irland. Die Skandinaven können auch ziemlich gut englisch, also kommen von da auch wenig Punkte, da wird es schwer.

Aber worauf es grundsätzlich eigentlich ankommt, ist der Gesamteindruck, die Show. Wenn Lena einfach dasteht, mit ihren spastischen Bewegungen und das Lied ohne großes Brimborium singt, dann gibt es ein Dilemma wie damals bei Corinna May. Aber wer weiß, was sich die Verantwortlichen einfallen lassen haben um die Nummer zu pushen. Hoffentlich etwas spannenderes, als das schnell zusammengekleisterte Musikvideo.

Es gibt harte Regeln beim ESC, insgesamt dürfen nur 6 Leute auf der Bühne stehen, egal ob die Singen oder Tanzen. Die Musik ist Playback, aber alle Stimmen müssen live sein, auch die Backgroundstimmen. An der Regel sind schon viele Länder gescheitert, die nämlich dicke Backgroundstimmen auffahren wollten, aber gleichzeitig die coolsten akrobatischsten Tanzmoves. Tänzer außer Atem singen allerdings nicht so gut, so kann man bei vielen Performances ziemliches Luftschnappen hören. Bei Lenas Song sind meines Wissens keine Backgroundstimmen dabei, also hat man noch Platz für 5 weitere Leute, die versuchen können, zu retten, was zu retten ist. Vielleicht ein paar Artisten im Rhönrad?

Ein Gimmick wäre nicht schlecht. Vor zwei Jahren hat ein Russe mit einem Schlittschuhläufer gewonnen, der auch noch einen Geiger dabei hatte. Also geigte letztes Jahr der norwegische Sänger selbst und fuhr den höchsten Sieg aller Zeiten ein. Was meint ihr, wie viele Beiträge dieses Jahr einen Geiger mithaben? Großbritannien hatte letztes Jahr sogar 4 Geiger mit und auch noch Andrew Lloyd-Webber. 1 Geiger: Platz 1, 4 Geiger + Webber: Platz 5. So einfach ist die Rechnung.

Was hatte Deutschland letztes Jahr als Gimmick? Dita von Teese. Insgesamt 3 Tänzerinnen. Zwei, die alles gegeben haben und sich abmühten und Dita, die auf einem Sofa saß. Und dann im Lied groß angekündigt wurde, von dem falschen Pianisten, dann nach vorne zur Bühnenmitte ging und wieder zurück aufs Sofa. Das ist eine Leistung. Die beiden anderen Tänzerinnen, die sich richtig abgearbeitet haben und nicht namentlich erwähnt wurden, müssen sich auch verarscht vorgekommen sein.

Bevor Russland die Schlittschuhe auspackte hat Serbien gewonnen, mit „Molitva“, gesungen von einer Frau, die aussah, wie Daniel Küblböck mit ein paar mehr Kilo auf den Rippen. Aber immerhin konnte sie singen. Ist eh wurscht, nach einem Grand Prix Sieg kräht sowieso kein Hahn mehr nach Dir. Oder hat jemand mal wieder was von dem Norweger gehört? Oder von Helena Paparizou, Marie N, Tanel Banar, Dave Benton, Eimear Quinn, Secret Gardenusw. – selbst nach Ruslana und Lordi kräht eigentlich kein Hahn mehr. Lena wird auch spätestens am 29. Mai den Höhepunkt ihrer noch jungen Karriere hinter sich haben. Und in einem Jahr oder zwei nimmt sie wieder Komparsenrollen beim Privatfernsehen an.

Also mein Tipp: Nicht besser als Platz 10, na ja, sagen wir 9, aber auch nicht schlechter als Platz 15. Wetten?

Eurovision Song Contest Vorhersage – 2. Halbfinale

Nachdem hier schon korrekt das Ergebnis des ersten Halbfinales des Grand Prix Eurovision vorhergesagt wurde, folgt nun die Vorhersage für das zweite Halbfinale, das am Donnerstag stattfindet. Es wird noch nicht einmal live im deutschen Fernsehen übertragen, sondern erst um 0.45 Uhr auf NDR. Live kann man es sich im Internet anschauen.

19 Teilnehmer, 10 kommen in die Endrunde. In der Reihenfolge ihrer Auftritte:

Island: Euroband mit „This Is My Life“

Das Pendant zu Dr. Albans „It’s My Life“. Über das Lied muss ich mich gar nicht auslassen, denn der Startplatz allein sorgt schon dafür, dass nach dem Lied kein Hahn kräht.

Schweden: Charlotte Perrelli mit „Hero“

Wird als ein Favorit gehandelt, da sie schon einmal gewonnen hat. Mit „Take Me To Your Heaven“. Das Lied war ja auch gut, dieses nicht. Wird aber ins Finale kommen. Der Keychange ist ja auch drin.

Türkei: Mor ve Ötesi mit „Deli“

Es mag verwunderlich erscheinen aber die qualitativ besten Beiträge der letzten Jahre kamen alle aus der Türkei. Auch diese gute Rocknummer. Allerdings ist Qualität beim ESC nie entscheidend. Die Band schafft es knapp ins Finale und wird dort 12 Punkte von Deutschland bekommen. Aber bei weitem nicht gewinnen.

Ukraine: Ani Lorak mit „Shady Lady“

Coole Nummer, ehrlich. Heiße Frau. Finale.

Litauen: Jeronimas Milius mit „Nomads in the Night“

Eine Musical-Ballade von einem verwirrten Langhaarigen Pupser. Wird sein einziger internationaler Auftritt sein. Vielleicht sehe ich ihn irgendwann in meinem Showensemble auf dem Schiff wieder.

Albanien: Olta Boka mit „Zemrën lamë peng“

Unwichtig.

Schweiz: Paolo Meneguzzi mit „Era Stupendo“

Ein netter Song auf italienisch, mit einer schönen Steigerung ab der Hälfte. Wird es aber schwer haben. Wäre aber toll, wenn er für eine Überraschung sorgt. Aber es steckt zu viel drin in dem Lied. Schafft es aber wenigstens ins Finale.

Tschechische Republik: Tereza Kerndlova mit „Have Some Fun“

Da Lied ist okay, die Sängerin ist sehr hübsch, man kann auf der Bühne ihren Slip sehen, was will man mehr? Ach ja, ihre Stimme ist ziemlich unsicher. Das war’s dann wohl.

Weißrussland: Ruslan Alehno mit „Hasta La Vista“

Sogar Arnold Schwarzenegger hätte mehr Chancen auf einen Sieg.

Lettland: Pirates of the Sea mit „Wolves of the Sea“

Wir sind Wölfe der See? Das ist ja genauso blöd wie DJ Bobos Vampire.

Kroatien: Kraljevi ulice feat. 75 Cents mit „Romanca“

Also blöder als sich „75 Cents“ zu nennen, geht es wohl nicht mehr. Ah doch, der Rapper ist nämlich 75 Jahre alt. Und sie haben noch einen Geiger dabei, der eine 300 Jahre alte Stradivari benutzt, um auf der Bühne so zu tun, als ob er spielt. Die Musik kommt vom Playback. Schafft es aber ins Finale. Aus Mitleid.

Bulgarien: Deep Zone & Balthazar mit „DJ Take Me Away“

DJ-Elektro-Dub-Reggae-House. Der beste Song bis jetzt. Wer kennt noch Deee-Lite? So gut sind die. Werden aber leider nicht gewinnen. Schaffen es aber hoffentlich bis ins Finale.

Dänemark: Simon Mathew mit „All Night Long“

Ja ganz nett. das Outfit hat er sich bei Roger Cicero ab geschaut und swingen würde er auch gerne, aber er weiß dass man damit keinen Grand Prix gewinnen kann. Also versucht er etwas anderes. Und scheitert ebenfalls. Allerdings nur knapp, denn es ist eine Wohlfühl-Nummer. Und er hätte wirklich gute Chancen, würde er sich noch mehr auf den Refrain konzentrieren. Und weniger rum heulen.

Georgien: Diana Gurtskaya mit „Peace will come“

Frieden wird kommen. Wenn Diana mit dem Singen aufhört.

Ungarn: Csezy mit „Candlelight“

Eine samtweiche Ballade. Und es wird Zeit, dass endlich mal eine Ballade gewinnt. Nur hoffentlich nicht dieses Jahr und hoffentlich nicht diese Ballade.

Malta: Morena mit „Vodka“

Ja. Wenn man sich den Eurovision Song Contest anschaut, kommt man nur zu einem Schluss: Die Jugend Europas muss mehr trinken.

Zypern: Evdokia Kadi mit „Femme fatale“

*seufz*

Mazedonien: Tamara feat. Vrcak & Adrian mit „Let Me Love You“

Rapper mit Balkan-Folklore-Rhythmen. Das sagt doch wohl alles.

Portugal: Vânia Fernandes mit „Senhora do Mar“

Auf eurovision.de steht: „Portugal und der Grand Prix – das ist eine ebenso lange wie traurige Geschichte.“ Ich mache es kurz: Portugal kommt ins Finale, aber nur, weil es die letzte Startnummer hat.

Und im Finale sind: Schweden, Türkei, Ukraine, Schweiz, Kroatien, Bulgarien, Dänemark, Portugal, Tschechische Republik und Lettland

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