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Reiseberichte Köln – Hamburg

Ein Text ausdem archiv meines alten Blogs:

Mit 40 Kilo Gepäck auf dem Rücken und in beiden Händen sagte ich meiner Wohnung ade, die ich nun knapp 3 Monate nicht wieder sehen werde – das Schiff hat wieder gerufen. Den Satz wollte ich so bringen, um mal zu sehen, wie es ist, drei Zeiten in einem Satz gehabt zu haben. Am Kölner Hauptbahnhof nahm ich noch eine Mahlzeit ein, bei dem relativ neuen „Sushi and more“. Ich entschied mich für „more“ und genoss das Essen und das Beobachten der Reisenden.

Ein älterer Herr, nicht besonders edel gekleidet, aber auch nicht schäbig, kam auf mich zu und sprach mich an. Toll, dachte ich, der will mich bestimmt fragen, ob man das Essen hier empfehlen kann, seit der WM sind wir ja alle so nett zueinander und sprechen auch einfach mal Fremde an, um einen netten Plausch zu halten. Er sagte: „Na, Meister, könnten Sie mir 3 Euro geben?“ Wow, drei Euro? Das ist ja Bettelwucher, das ist ja schon das 6-fache von „Haste mal ne Mark?“ Die Dreigroschenoper wäre dann die 60 Groschen-Oper. Ich habe mich bestimmt verhört, das kann der gerade nicht gesagt haben. „Bitte was?“ sagte ich. Ob ich drei Euro hätte, tatsächlich. „Nein.“ – „echt nicht?“ – „nein.“ – „wirklich nicht?“ – „Nein, ich hab nur Scheine.“

Jetzt das Ding, der IC nach Hamburg habe aufgrund einer Streckensperrung 60 Minuten Verspätung, so die Anzeige. Nach 60 Minuten wurde gesagt, er habe 70 Minuten Verspätung. Warum es eine Streckensperrung gab konnte man nicht sagen, aber er werde wegen eines Böschungsbrandes auch nicht über Wuppertal fahren, sondern über Düsseldorf, also würde sich die Verspätung noch steigern.

Der Zug trudelte ein ich stieg ein und verstaute meine Koffer. Zeitgleich fragten mich ein ebenfalls zugestiegener Mann vor mir und einer hinter mir, ob der Zug denn nach Hamburg fahren würde, der vor mir: 2denn auf den Fahrplanheftchen steht Frankfurt drauf“, der hinter mir „denn auf der Anzeigetafel draußen steht nur Dortmund drauf“. „Ich glaube schon, dass der nach Hamburg fährt, sagte ich, und stieg noch mal aus, um auf die Anzeigetafel z schauen. Tatsächlich, auf einmal steht da Dortmund.

Also haben die gewartet, bis ich eingestiegen bin, um dann gemeinerweise hinterrücks und fies die Destination zu ändern. Oder war einfach die Anzeige falsch.

Zum Glück fanden wir eine Schaffnerin, die uns schroff erklärte, dass der Zug tatsächlich nur noch bis nach Dortmund fahren würde, da er so eine große Verspätung hätte. Der nächste Zug nach Hamburg würde ja in 5 Minuten kommen, da lohne es sich nicht, sondern man könne ja in den steigen.

Zeit zum Bedanken hatte ich nicht mehr, denn ich musste ja meine 40 Kilo Gepäck schnell aus dem Zug räumen, der wollte ja gerade losfahren. Es gelang mir in letzter Sekunde.

Problematisch war nur, dass 5 Minuten später kein Zug kam, bei dem Zug wurde nämlich auch eine Verspätung angezeigt, aus den gleichen Gründen. Diesmal allerdings nur 30 Minuten. Nach 45 Minuten kam dann der Zug.

Vor mir beim Einstieg stand eine 10-köpfige Großfamilie, mit ca. 400 Kilo Gepäck, dagegen war meine Ladung ja mickrig. Aber schlau wie sie waren, und um die Abfahrt nicht noch weiter zu verzögern, verteilten sie sich auf zwei nebeneinander liegende Einstiege. Drinnen feierten sie dann erstmal ein großes Wiedersehensfest. Im Einstiegsbereich. Was natürlich komplett verhinderte, dass ich einsteigen konnte.

Irgendwann klappte es aber doch und die Fahrt ging mit insgesamt 2 Stunden Verspätung los. Ich fand sogar einen freien Sitzplatz, ich setzte mich auf einen der von Wuppertal bis Hamburg reserviert war. Aber in Wuppertal konnte ja kein wütender „Ich habe den Platz reserviert!“ – Typ zusteigen, Wuppertal umfuhren wir ja wegen des Böschungsbrandes.

Ich freute mich auch schon auf die vielen Fahrgäste, sie in Dortmund zusteigen würden, weil sie nicht so schnell wie ich gemerkt hatten, dass der Vorgängerzug doch nicht nach Hamburg fuhr. Und so war es dann auch, der ohnehin schonvolle Zug wurde noch überfüllter, was ja auch kein Wunder ist, wenn man plötzlich aus zwei eins macht. Und sauer waren die, jeder einzelne zeterte die arme Schaffnerin an. Und ich dachte seit der WM hätten wir uns alle lieb.

Die weitere Reise verlief ohne nennenswerte Vorkommnisse. Die Durchsagen des Schaffners berichteten immer von 58 Minuten Verspätung, der Vorgängerzug zählt ja nicht. Und auf die 58 Minuten wurde auch bestanden, denn ab 60 Minuten gibt es ja einen 10 Euro-Gutschein, den man beim buchen der nächsten Reise einlösen kann.

Kurz vor Hamburg kommt Harburg. Und da standen wir dann. Also wir einfuhren hatten wir 58 Minuten. Doch kurz vorm Ziel gescheitert, schienen wir eine Ewigkeit in Harburg festzusitzen. Als wir endlich losfuhren, meldete sich der Schaffner wieder, um zu erzählen, dass wir mittlerweile eine Verspätung von 68 Minuten hätten und das bedeute, dass uns Gutscheine zustünden. Allerdings sei die Fahrtstrecke bis nach Hamburg zu kurz, um diese noch im Zug zu verteilen, daher bitte er uns am Hamburger Bahnhof am Service Point unsere Fahrkarte vorzulegen, da würden wir dann die Gutscheine bekommen.

Gut, wie viele Leute reisen in so einem Zug, 500? 1000? Und in einem Zug in dem die Fahrgäste on zwei Zügen sitzen? 2000? Wie viele Mitarbeiter gibt es am Service-Point? 2 und eine Auszubildende, der nebenbei alles erklärt wird?

Ich rechne mal kurz nach, ich bin nun mit über zwei Stunden Verspätung in Hamburg angekommen, wenn ich mich jetzt noch in die Schlange vor dem Service-Point einreihen würde, würde ich … Moment …. morgen früh um 6 noch da stehen.

Reiseberichte: Köln – Kiel

Ich verließ meine Wohnung kurz nach 18 Uhr. Im Treppenhaus hörte ich aus einer Nachbarswohnung zum ersten Mal in diesem Jahr „Last Christmas“ von Wham tönen. Na super, ich war doch sowieso schon schlecht gelaunt. Warum schon im November? Im Dezember muss ich das bestimmt doch schon ungefähr 200mal hören. Jetzt fehlt nur noch „All I want for Christmas is you“ von Mariah Carey und ich raste vollkommen aus. Dann gibt es dieses Jahr keine Geschenke, liebe Kinder.

Ja, damals war Mariah Carey noch jung, noch nicht vollkommen psycho und hatte bedeutend kleinere Brüste. Deswegen singt sie mittlerweile auch nicht mehr so hoch. Nicht, dass die platzen.

Auf dem Weg zur S-Bahn (oder U-Bahn, Straßenbahn oder was auch immer, um hier nicht wieder eine Diskussion der Kommentier-Pedanten loszutreten) kam ich an der Stehcafé-Bäckerei vorbei, und die hatten schon auf einem der Hocker einen Plüsch-Weihnachtsmann von der Größe eines Jahrmarkt-Hauptgewinns platziert. Der kam wie gerufen, ich betrat die Bäckerei um dem Teddy mal kurz in die Fresse zu schlagen und ihm vom Hocker zu kicken. Das tat gut.

An der S-Bahn-Station wurde mir wieder klar, was der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist: Frauen können zwei Dinge gleichzeitig. Auf den Bahnsteig kam eine junge wasserstoffblondierte Tussi, die auf den Fahrplan schaute und gleichzeitig sich Ansteck-Ohrringe an die Ohrläppchen heftete. Nun ja, Männer müssen sich ja auch keine Ohrringe anstecken und auch keine Fahrpläne lesen. Zumindest nicht, wenn man schon am Gleis steht, zu spät kommen kann man dann ja nicht mehr.

Ein junger Mann nahm die Blondine sofort wahr und überlegte, wie er ein Gespräch starten konnte. Nach einigen Minuten fiel ihm etwas ein und er ging auf Blondie zu: „War die 16 schon da?“ Zu seinem Glück war der Blondine nicht bewusst, dass der Typ schon länger als sie am Gleis stand und es wohl besser wissen musste. Sie antworte: „Ja, die ist schon fort.“ Genau in dem Augenblick fuhr die 16 ein und verursachte einen kurzen Moment der Peinlichkeit. „Oh, doch nicht“, war ihr Rechtfertigungsversuch.

Da hätte die aufkommende Romanze schon im Keim erstickt werden können, der junge Mann gehörte sowieso zu den Typen, auf die die Menschheit gut und gerne verzichten kann. BWL-Student, gegelte Haare, konservativ, aber noch nicht konservativ genug, um in einer Burschenschaft zu fungieren, allerdings wahrscheinlich in irgendeiner Funktion von Papas Karnevalsverein, Kassenwart oder so. Schwarze Jeanshose (die wo so weiße Fäden durchschimmern, igittigitt), Nike-Turnschuhe und dazu passende Nike-Sport-Winterjacke, im Karstadt gekauft. Außerdem eine aggressive Fresse, mit der er freundlich dreinzublicken versuchte, der Frau wegen. Im Grunde genommen wie Carsten Spengemann.

Die Romanze war aber noch nicht vorbei. In der Bahn saßen sie sich gegenüber und der BWLer startete einen neuen Versuch, als die Tussi ein Buch, sogar mit Buchstaben und wenig Bildern, auspackte: „Darf ich fragen, was das ist?“ Jeder halbwegs intelligente Mensch würde darauf mit ja oder nein oder mit „Ein Buch, Du Depp!“ antworten, aber die Blondine stieg voll darauf ein und es entwickelte sich ein Gespräch aus dem ich lernen konnte, dass sie gerade angefangen hatte an irgendeiner Business-Schule Tourismusmanagement zu studieren und er schon seit 7 Semestern BWL studierte und dass beide miteinander schlafen würden. Gut, dazu kamen sie nicht, die Fahrt war ja nur kurz und alle beide hielten sich am Smalltalk fest und kamen keinen Schritt weiter. Als sie ausstiegen und in unterschiedliche Richtungen am Hauptbahnhof weiter mussten, kam nur ein „war ein schönes Gespräch mit Dir“ über die Lippen der Frau. Diese beiden Turteltauben haben wohl ihre Chance verpasst und werden sich nie wieder sehen. Außer vielleicht am Wochenende in der Nachtschicht, Kölns Danceclub und Discostadl.

Am Bahnhof hatte ich noch etwas Zeit in der DB-Lounge ein paar Softdrinks kostenlos zu mir zu nehmen. Also machte ich mich auf den Weg durch das Reisezentrum. Am Eingang ist dort ist seit kurzem ein Pult aufgebaut, an dem ‚Empfang‘ geschrieben steht, dahinter eine Bahnmitarbeiterin ohne weitere Funktion. Sie sagte noch nicht mal „Guten Tag“ oder irgendeine Begrüßungsfloskel. Sie hätte einem den Weg zu den Fahrkartenschaltern zeigen können, das wäre aber unnötig, das Reisezentrum besteht ja aus nichts anderem. Also war die einzige Funktion der Dame, keine Fahrkarten zu verkaufen, damit an den echten Schaltern die Leute noch länger anstehen müssen.

Neben der Empfangslady stand eine weitere Frau, in Smalltalk mit ihr vertieft. Diese trug eine rote DB-Jacke, hinten mit einer Aufschrift: „Die Fahrkartenautomaten für den Nah und Fernverkehr. Jetzt ausprobieren.“ Abgesehen davon, dass der Nah- und Fernverkehr einfach der Verkehr ist, also der Werbetexter, der sich das ausgedacht hat mal wieder kaputt war, muss man sich mal die Aussage der Jacke auf der Zunge zergehen lassen. Diese Frau kennt keine Scham. Wer trägt freiwillig eine Jacke, auf der so gut wie folgendes steht: „Hallo, ich bin ein Mensch. Ich bin ersetzbar. Soll ich Ihnen zeigen wie?“

Auf dem Weg zu den Gleisen kam ich an einem Automaten vorbei, vor dem ein Mann stand, der ziemlich ratlos auf den Bildschirm schaute. Zum Glück stand daneben eine weitere Frau, mit einer ähnlichen roten Jacke wie die Schamlose, allerdings mit der viel simpleren Aufschrift „Automatenhilfe“. Leider schaute auch diese ziemlich ratlos drein. Jetzt mal im ernst, liebe Bahn. Wenn Eure Fahrkartenautomaten so kompliziert sind, dass man menschliche Mitarbeiter braucht, die den Bahnkunden helfen, diese zu bedienen und dabei selbst an die Grenzen ihres Könnens stoßen, ist es dann nicht ein wenig redundant, diese Automaten überhaupt zu haben? Aber wenigstens stellt ihr echte Menschen hin, die man anfeinden kann, wenn der Computer nicht so will, wie man selbst. Wäre ja noch schöner, wenn der Fahrkartenautomat eine sprechende Büroklammer hätte oder was ähnliches.

Nun zur eigentlichen Fahrt. Um 19:12 musste ich an Gleis 4 in einen ICE steigen, der 20:20 Uhr in Dortmund ankommt, wo ich dann in einen EC wechsle. Der Brüller. Warum? Weil der EC in den ich dort um steige um 19:11 am Gleis 5 vom selben Bahnsteig in Köln losfuhr. Die Option gleich in den EC zu steigen wurde mir beim Fahrkartenkauf nicht gegeben. Wahrscheinlich um den ICE-Zuschuss einzukassieren. Und um mich noch mal extra umsteigen zu lassen. Mittlerweile hat die Bahn nämlich persönlich was gegen mich, bin ich fest von überzeugt.

Der Rest der Reise verlief allerdings ohne nennenswerte Zwischenfälle. Allerdings weiß man erst den Komfort des ICEs zu schätzen, wenn man mal EC gefahren ist. Die war noch das am wenigsten Unangenehme. Dennoch sehr unangenehm. Der PVC-Boden in einem marmorierten blau, hässlicher Farbton, kombiniert mit einem absolut unpassenden anderen blau an der Wand und noch weniger passenden Blaukombination der Sitz-Stoffbezüge. Ansonsten nuanciert von schrecklichem Grau und schrillem Gelb. Um den Brechreiz zu überbrücken, habe ich mit meinem Handy ein Foto gemacht:

Wenn einem auf der Fahrt nichts anderes zu tun bleibt, als nachzudenken, weil man die Bücher, die man dabei hatte, schon gelesen hatte und für das Arbeiten keine Platz war, ist das nicht unbedingt angenehm. Zuerst denkt man über alle vergangenen Frauenbekanntschaften nach. Das macht einen unweigerlich traurig. Denn wenn es schön war, ist es vorbei. Und wenn es nicht schön war, war es nicht schön. Wenn man dann mit dem Thema durch ist, denkt man über seine Verwandtschaft, über Beruf und über Finanzen nach. Das macht die Sache auch nicht besser.

Reiseberichte Köln – Dortmund, 22. Oktober 2005, 16:51 Uhr

Ich wollte eigentlich den ICE um 17:12 nach Dortmund nehmen, aber als ich am Bahnhof ankam, sah ich, dass dieser 20-30 Minuten Verspätung haben würde. Ich schaltete schnell und sprang gerade noch rechtzeitig in den 20 Minuten früher abfahrenden Regionalexpress mit gleichem Ziel. Mal schauen, ob ich da wieder Geld von der Bahn zurückverlangen kann.

Jedenfalls kämpfte ich mich dann durch den nahezu vollen Regionalexpress (früher: Bummelzug) in Richtung Pott. Irgendwann wird mal auf dieser Strecke ein Film gedreht a la „Ein Käfig voller Narren“, der heißt dann „Ein Zug voller Prolls“. So viele Assis, bestätigte Vorurteile, Wolfgang-Petry-Frisuren und Handyschlampen auf einen Fleck habe ich selten gesehen.

Ich hatte unglücklicherweise noch zwei Pizzastücke in der Hand, die ich schnell noch gekauft hatte, denn sonst wäre ich beim Auftritt später am Abend umgekippt. Und beim Balancieren durch die Gänge sagt so ein ca. 40-jähriger Intellektueller – na gut, er trug eine Brille, das war alles – zu mir: „Oh, danke, das ist aber nett.“ So als ob die Pizza für ihn wäre. Okay, das war schon damals nicht lustig, als 13-jährige untergewichtige Gymnasiasten mit Pickeln in der Fresse diesen Spruch brachten, wann immer einer irgendwas zu essen hatte, um irgendwem beweisen zu wollen dass sie witzig sind, und dabei jedem beweisen dass sie überhaupt nicht witzig sind. Meist gefolgt von einem Lachen über den eigenen Scherz, aber nicht ein „hahaha“, sondern mehr so ein Hyperventilieren durch schnelles Ein- und Ausatmen durch die Nase, während die Zähne grinsend zusammenpresst werden. Ich weiß das noch gut, ich war so einer von der Sorte.

Jedenfalls sagte ich zu dem Dummspruch-Typen: „Du bist so lustig, Du solltest zum Privatfernsehen.“ Und er verstand das als Kompliment. Da schlug ich ihm ins Gesicht. Allerdings nur in Gedanken, ich hatte ja keine Hand frei, da war ja noch die Pizza.

Ich ergatterte tatsächlich noch einen Zweiersitz ganz für mich alleine. In der akustischen Nähe der neuen 5 Freunde: Ein dicklicher Haufen von Pottwalen, äh, Pott-Männern, ein Männergesangsverein oder so, vom tollen Köln-Ausflug zurück. Sie saßen zusammen auf einem Viergruppen-Sitz. Einer von ihnen musste alleine woanders sitzen. Die lustigen Weiber der fünf Freunde waren auch dabei. Sie mussten Sicherheitsabstand halten und waren auf einer anderen Vierergruppe platziert. Hysterisches Lachen tönte oft aus der Ecke durch den Zug. Nicht, dass es irgendeinen Grund gäbe, 5 Hausfrauen auf einen Fleck lachen eben oft hysterisch. Wahrscheinlich wenn sie realisieren, wie kacke ihr leben doch bisher gelaufen ist.

Kurz nach Abfahrt kramte einer der Herren, und zwar der, der zwei Gürtel aneinander kleben muss, um um seinen Bauch herum zu kommen, ein Plastiktüte aus und verteilte Bierdosen an die anderen Vier. „Kein Kölsch? Das ist ja stillos“, tönte es aus der Waschweiber Ecke, dabei verkennend, das wahrscheinlich ihr ganzer Kleiderschrank, ja ihre ganze Wohnung und fast alles an ihnen stillos ist.

Die Männer klopften auf das Bier als ob es eine geschüttelte Cola-Dose sei und machten dabei „Mi mi mi mii“, als ob sie ihre Stimme oder ein Instrument stimmen würden. Schade nur, dass man beim Stimmen nicht wirklich solche Geräusche von sich gibt. Also doch kein Männergesangsverein. Die Hausfrauenbande schrie nun: „Wir wollen auch was zu trinken!“, aber die fette Spokesperson der Männergruppe sagte nur: „Ich geb‘ euch gleich Hustensaft!“ Damit war das Thema erledigt und die Hausfrauen legten die weitere Fahrt hysterisch kichernd ohne Alkohol zurück.

In Düsseldorf merkte ich leider zu spät, dass nun mehr Leute einstiegen als es Sitzplätze im Zug gab. Eine gut aussehende Frau ging an dem mit meiner Jacke und Rucksack belegten Platz vorbei und schaute mich hoffnungsfroh an. Natürlich war ich verwirrt, schockiert und gehemmt und natürlich auch mal wieder zu langsam. Aber sie fragte mich ja auch nicht nach dem Platz, und wenn ich schon mit dem Studium ihrer Figur vollkommen beschäftigt bin, wie soll ich mich dann noch auf Höflichkeitsfloskeln wie „willst Du Dich hier hinsetzen?“ konzentrieren? Die Frau ging weiter. Kurz darauf kam das genaue Gegenteil von ihr an und fragte mich ob sie sich da hinsetzen könne. Mir blieb gerade noch kurz Zeit irgendwie meine Sachen zu greifen, bevor sie sich auf den Sitz schmiss. Eine stinkende, rundliche Person saß nun neben mir, mit riesigen Hängetitten, die bei jedem Ruckeln des Zugs derbe zu mir rüberschwappten. Zum Glück stieg sie nach zwei Stationen aus, und eine etwas kleinere Frau setzte sich neben mich, klappte ihre Handtasche auf ihrem Schoß auf und begann sich ihre etwa fünf Zentimeter langen Fingernägel zu feilen. Den Fingernagelstaub einfach in die Handtasche.

Später durfte ich dann noch mitbekommen, wie sich zwei ehemalige Recklinghausener Freundinnen nach Jahren zufällig im Zug begegneten und sich über die ganzen In-Kneipen in Recklinghausen und Umgebung und wer jetzt wen geheiratet hat unterhielten, bevor ich schließlich total erschöpft am Dortmunder Hauptbahnhof ankam, der an Hässlichkeit auch kaum zu überbieten ist. Dann fing es an zu regnen.

Reisereport Paderborn

Vor ein paar Tagen bin ich mit der Bahn nach Paderborn gereist. In Hamm sollte ich in den IC umsteigen, aber da der Regional-Express (ehemals Bummelbahn) in Hagen eine Verschnaufpause einlegen wollte, verpasste ich meinen Hammer-Zug und hatte unversehens eine Stunde Aufenthalt in Hamm. Der Bahnhof in Hamm ist der langweiligste Bahnhof der Welt. Nicht der hässlichste, das ist der in Mönchengladbach.

Ich informierte mich über das Kulturprogramm in Hamm und sammelte alle Flyer die ich finden konnte, drei Stück. Die waren auch nicht viel besser:

Neben Nikolausfahrten mit der Dampflok der Hammer Eisenbahnfreunde und den Zentralhallen Hamm, wo es spannende Veranstaltung wie Deutschlands größten Pferdemarkt, die „vorweihnachtliche Publikumsausstellung“ (was auch immer das ist) und ein Konzert der „Paldauer“ unter dem Motto „Weihnachten wie im Märchen“ (ja, Märchen waren oft grausam), gibt es eine spannende Show, die sich den herrlich doofen Titel „Stars and Horses“ ausgesucht hat. 40 Pferde, 50 Künstler – so wird damit geworben. Das sind ja 10 Künstler ohne Pferde! Der Parkplatz davor heißt komischerweise „Ökonomierat-Peitzmeier-Platz“.

Letztendlich ging es dann doch endlich weiter nach Paderborn. Die Stadt ist schon 1200 Jahre alt. Und die temporeichen Paderborner haben ihren Bahnhof immer noch nicht fertig gebaut!

Reiseberichte: Köln – Leuven, 14. Oktober 2005, 19:16 Uhr

Unglaublich, wenn man lange genug vorher bucht und sich an den Zug binden lässt, kostet eine Reise nach Belgien und zurück sagenhafte 30 Euro. Das ist genauso viel, wie zweimal Köln-Düsseldorf. Und da ich auch lange im Voraus mir eine Platzreservierung geholt hatte, gab es für mich auch einen ganz exklusiven Platz. Bei den neuen ICEs ist nämlich ein kleines Abteil mit 10 Sitzplätzen direkt hinter dem Fahrer, so dass man im Hochgeschwindigkeitsflash nach vorne alles vorbeifliegen sehen kann. Das ist wie das Nachtprogramm der ARD mit den „schönsten Bahnstrecken Deutschlands“ auf Speed. Es ist wie Achterbahnfahren ohne Gurt. Es ist wie … an den Zug gebunden sein. Auf jeden Fall ist es aufregend und ich hielt mich am Stuhl fest, obwohl ich doch eigentlich ein Nickerchen halten wollte, aber daran war nicht zu denken.

Es gibt noch etwas ganz besonderes in diesen hochmodernen Zügen, direkt hinter dem Schaffner befindet sich eine Glasscheibe, durch die wir in seine Kabine blicken. Diese kann sich innerhalb eines Bruchteils einer Sekunde milchig färben, so dass man nicht mehr durchschauen kann. Wie das funktioniert ist mir ein Rätsel, aber gut zu wissen, dass wenn irgendein Schaf oder Todeskandidat auf den Gleisen von dem Zug erfasst wird, man sich auch als Fahrgast ganz vorne nicht die ganze Sauerei ansehen muss. Schade eigentlich.

Nach eineinhalb Stunden kam man dann auch schon in Liege an, dem französischsprachigen Teil von Belgien. 18 Minuten Zeit um herauszufinden, an welches Gleis man für den Anschlusszug nach Leuven muss. Gestaltet sich schwierig, denn das Gleis ist vorher nicht bekannt. Der ICE-Schaffner sagte mir nämlich, dass die Belgier, nicht wie wir, schlaue Bücher hätten, wo die Gleise stünden, sondern dass ich das am Bahnhof herausfinden müsste, das Stünde dran.

Am Bahnhof konnte ich mich nur an der Abfahrtszeit orientieren, denn in Deutschland konnte man mir nicht sagen, was die Endstation des Zuges nach Leuven ist, in Liege wollte die Anzeige mir aber nicht mitteilen, wo die Züge Zwischenstopp machen. Mir scheint da ein Konflikt vorzuliegen zwischen dem flandrischen und französischen Teil Belgiens.

Ich fand jedoch den richtigen Zug. Belgische Bahnhöfe sind übrigens süß. Die Versuchen nicht, wie die deutsche Bahn mehr oder weniger erfolgreich einen auf modern zu machen. Die Schaffner sehen ganz knuddelig alt aus, mit einer Uniform, die auch schon vor hundert Jahren so hätte aussehen können. Schnurrbart inklusive. Die Züge selbst sind auch keine hohe Ingenieurskunst. Aber sie fahren wenigstens.

Die Belgier scheinen auch ein anderes Verhältnis zur Lautstärke haben. Schon die Fahrt nach Liege war anstrengend, weil sich zwei belgische Businesstypen ganz normal im Gang direkt neben mir unterhielten. Allerdings auf 110 Dezibel aus welchem Grund auch immer. Im Zug von Liege nach Leuven schauten zwei belgische Soldaten mit ihrem Notebook einen Film. Sie hatten keine Kopfhörer, aber zum Glück hatte ihr Notebook integrierte Lautsprecher.

Der Film, den sie schauten, war wohl ein lustiger Kung Fu – Film. Allerdings auf französisch synchronisiert. Aber die lustigen Soundeffekte, die Tritte, Schläge und Laserkanonen signalisierten, machten es ziemlich offensichtlich. Als plötzlich lustige Japano-Pop-Musik einsetzte, versagte auch die Synchronisation und der Chor der lustigen KungFu-Charaktere sang mit fiepsigen Stimmen ein happy-peppi-Lied. Der Refrain wiederholte sich so oft, dass ich in auswendig lernen konnte. Was ich dabei feststellte ist, dass zwar schnell gesungen wurde, aber jede Silbe wiederholt wurde, aus welchem Grund auch immer. Vor den beiden letzten Silben einer Zeile wurde immer kurz gestoppt, und die letzte Silbe war im Gegensatz zu allen anderen Silben lang. Es klang dann so:

Dun Dun Eung Eung Chan Chan Gong Gong Wan Tan – Tu Goo
Ung Ung Oi Oi Num Num Tan Ta Ke Chi – Oh Noo
Geung Geung Lin Lin Mao Mao San San Ko Ni – Chi Waa
Yo Ko Ha Ma Neu Neu Lin Lin Kung Fu – Hei Ya!

Das Lied wird noch ein Hit hier, wartet es ab.

Auf der Rückfahrt hatte ich einen längeren Aufenthalt in Liege, denn der deutsche ICE hatte Verspätung. Allerdings wurde mir dann später im Zug mehrfach durch Lautsprecherdurchsagen des Zugführers viersprachig, in perfektem deutsch, englisch, französisch und holländisch mitgeteilt, dass die Belgier schuld seien. Wer auch sonst?

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Sonne, Wäsche und die Deutsche Bahn von 1938 – Teil IV

HIER GEHT ES ZU TEIL 3!

Am nächsten Tag musste ich wieder mit der Bahn fahren. Und zwar diesmal zu einem Auftritt nach Duisburg. Am Kölner Bahnhof stellte ich fest, dass der Zug Verspätung hatte. Aber ich hatte ja – neue Werbeaktion der Bahn – eine kostenlose Reservierung für einen Sitz, also wartete ich geduldig. Ich ging sogar zum so genannten Wagenstandsanzeiger und schaute nach auf welchem Gleisabschnitt mein Wagen halten würde. Wagen 255. Was für eine hemmungslose Übertreibung. Die blöffen. Die wollen doch nur toll erscheinen! Das ist, wie wenn man von einem Hochhaus das Erdgeschoss schon 123. Stock nennt. Der Zug hat niemals 255 Wagen, nein, nein!Der Zug war ziemlich leer, nur im Wagen 255 saß eine ganze Grundschulklasse. Im Grunde genommen habe ich ja nichts gegen Kinder, aber eine lärmende Grundschulklasse ist in einem geschlossenen Abteil akustisch nicht zu ertragen. Da platzt das Trommelfell. Also verzichtete ich auf meinen reservierten Platz, der restliche Zug war ja so gut wie leer, und ich ging ein Abteil weiter und fand einen freien Platz. Natürlich etwas gestresst, weil der Zug Verspätung hatte, ich zum Theater musste, die Nacht vorher nicht gut geschlafen habe, usw. usf.

Kaum saß ich, setzte sich mir gegenüber ein Kleinkind hin. Ohne Eltern weit und breit. „Hallo!“ rief es und grinste mich treudoof an. „Hi.“ sagte ich, lächelte kurz und verstummte. In solchen Situationen wird klar, dass spätestens nach 10 Sekunden des Sich-Anschweigens die peinlichen Momente der Stille für den Erwachsenen viel schlimmer sind, und für das Kind gar nicht existent. Es grinste mich einfach weiter treudoof an. Also schloss ich die Augen und versuchte mich schlafend zu stellen. Als ob das Kind so etwas auch nur im Entferntesten interessieren würde. Trotz meiner geschlossen Augen, fing es an lauthals zu erzählen:

„Kuck mal! Kuck mal, kuck mal!!! Da! Ne Kirche! Kuck mal, Kuck mal! Wasser mit ’nem Boot drauf! Hallo!!!“

Kurz bevor ich dachte, dass das Kind gleich aufspringen und an mir rütteln würde, machte ich die Augen auf. Der Vater des Kindes kam vorbei. „Endlich“ dachte ich. Doch er sagte nur amüsiert zu seinem Kind: „Nanu, wo hast Du Dich denn hingesetzt?“ und ging weiter…

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Sonne, Wäsche und die Deutsche Bahn von 1938 – Teil III

HIER GEHT ES ZU TEIL 2

Als ich dann, kurz nach Mitternacht, in Düsseldorf ankam, stieg ich aus und schaute auf den Fahrplan, um zu sehen, auf welches Gleis ich mich begeben müsse, um den Regionalzug um 0:40 nach Köln zu nehmen. Ich entdeckte, dass in einigen wenigen Minuten zwei ICEs den direkten Weg nach Köln fahren würden! Also fragte ich den Schaffner, der noch dastand noch mal: „Ich habe hier gerade gesehen, dass hier zwei ICE direkt nach Köln fahren, die sind doch viel früher als die Regionalbahn da, warum haben Sie die denn nicht angesagt?“
Schaffner: Das ist richtig, die fahren. Die dürfen Sie aber nicht nehmen.
ich: Warum nicht?
Schaffner: Sie haben nur ein Regionalbahn-Ticket.
Ich: Aber der Zug, für den ich ein Ticket habe, fiel aus!
Schaffner: Das ist egal, Sie können die Regionalbahn in einer Dreiviertel-Stunde nehmen.
Ich: Was spricht denn dagegen, dass ich den ICE nehme?
Schaffner: Sie dürfen den nicht nehmen, Sie dürfen nur mit der Regionalbahn fahren, das geht auf eine Verordnung aus dem Jahre 1938 zurück.

Abgesehen davon, dass es 1938 keine ICEs, geschweige denn die Deutsche Bahn gab, wendete sich der kleine, dicke, hässliche Schaffner in dem Gespräch ständig von mir ab und ging einige Schritte weg von mir. Allerdings folgte ich ihm, nur da er kein Benehmen hat, muss er mir ja nicht mitten im Gespräch abhauen und mich bedröppelt da stehen lassen. Ich erzählte ihm, dass die Gesetze aus dem Nationalsozialismus in diesem Moment vielleicht egal seien und die Bahn eventuell doch auch ein Interesse daran habe, gute Kunden zu haben. Wenn einem gesagt würde, warum der Zug von Krefeld nach Köln ausfallen würde, dann wäre man vielleicht nicht so sauer und man hätte vielleicht Verständnis dafür. Aber, so der Schaffner, warum der Zug ausfallen würde, würde mich nichts angehen. Ich erzählte ihm, als er sich schon wieder aus dem Staub machen wollte, dass ich, wenn ich vorher gewusst hätte, dass der Zug nicht fährt und dass man die direkten Anschlusszüge in Düsseldorf nicht nehmen darf, mir vielleicht eine Alternative überlegt hätte. „Tja, es gäbe aber keine Alternative“ grinste Schills treuester Schüler, als ob er noch nie etwas von Autos gehört hätte. „Ich nehme jetzt einfach den ICE, hindern Sie mich doch dran.“ sagte ich, und ließ nun meinerseits das Arschloch stehen.

Im – fast leeren – ICE pflanzte ich mich auf einen Sitz und wartete darauf, dass die Schaffner ihren Weg durch den Zug machen. Sollen Sie mich doch rausschmeißen, der nächste Halt war sowieso Köln, dachte ich mir. Wenn Sie mir Geld hätten abknöpfen wollen wegen ICE-Zuschlag oder so, hätte ich dann der Bahn einfach eine Rechnung geschrieben. Kurz nach Abfahrt kam der Schaffner des ICE. „Ihre Fahrkarte, bitte!“ – „Ich habe noch keine, ich sehe aber auch nicht ein, warum ich mir noch eine zusätzliche Fahrkarte kaufen soll, denn ich hatte ein Ticket von Krefeld nach Köln mit der Regionalbahn und der Zug fuhr nicht und die haben uns gesagt, wie sollen uns in die Regionalbahn nach Düsseldorf setzen und von dort aus denn kucken, wie wir nach Köln kommen.“ – „Aha, verstehe. Und haben Sie davon noch ein Ticket? Kann ich das mal sehen?“

Ich war schon auf die Auseinandersetzung, die folgen würde gespannt, doch der Kontrolleur nahm einfach das Ticket, knipste es ab und sagte „Schöne Reise noch.“

HIER GEHT ES ZUM LETZTEN TEIL! (4)

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